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Barocke Deckenmalerei zum Blättern und Surfen

Deckenmalerei in Kirchen und Klöstern, Schlössern und Festsälen entdecken und bestaunen, ohne Nackenstarre und ohne dabei das eigene Wohnzimmer verlassen zu müssen: Dies ermöglicht der neue Band des BAdW-Projektes „Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland“. Gleichzeitig geht die Betaversion der Publikationsplattform www.deckenmalerei.eu online, die die Deckenmalerei von 1550 bis 1800 auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland erfasst, dokumentiert und erforscht.

 

Im Konzert der europäischen Mächte fand um 1700 ein enormer politischer, sozialer und kultureller Wandel statt, der auch die herrscherliche Repräsentation betraf. Die Decken- und Wandmalerei erwies sich hierfür als ideales Medium. Zumeist realisierten die Gemälde mythologisch oder allegorisch entworfene Götterwelten fürstlicher Identität. Ausgehend von Italien zeigt der opulent ausgestattete Band, wie die europäischen Höfe etwa in Spanien, Frankreich, Deutschland, Polen oder Tschechien die Deckenmalerei für ihre politischen Zwecke zu nutzen wussten. Ein wesentliches Ergebnis des Buches ist, dass im Unterschied zur älteren Forschung keine klare Entwicklung von einer von Stuckrahmen strukturierten Decke hin zur gesamtillusionistischen Deckenausmalung nachgewiesen werden kann. Beide Möglichkeiten standen zur Verfügung, und man bediente sich ihrer nach Bedarf.

Publikation: Deckenmalerei um 1700 in Europa. Höfe und Residenzen, Hg. Stephan Hoppe, Heiko Laß, Herbert Karner, 460 Seiten, 257 Abbildungen in Farbe, € 58; ISBN: 978-3-7774-3638-8, Hirmer 2020.
Rezensionsexemplare erhalten Sie beim Verlag: presse@hirmerverlag.de

Die Publikationsdatenbank deckenmalerei.eu
Wo findet sich barocke Deckenmalerei in einem Schloss in meiner Nähe? Wie kann man sie mit neuesten, digitalen Mitteln erforschen? Antworten auf diese Fragen gibt die digitale Publikationsplattform des Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland, die zeitgleich zur Publikation des Bandes in einer Beta-Version für die Öffentlichkeit online geht. Darin wird die Deckenmalerei auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland von 1550 bis 1880 mit hochauflösenden, digitalen Fotografien und wissenschaftlichen Texten erfasst, dokumentiert und erforscht. Die Malerei, die heute in Museen präsentiert wird, macht nur einen Teil der Deckenmalerei aus. Eine Vielzahl an Werken ist dagegen noch an den Orten zu besichtigen, für die sie ursprünglich geschaffen wurden. Die reiche Schlösserlandschaft in Deutschland bietet eine Menge an hochkarätigen, bekannten Werken der Wand- und Deckenmalerei wie auch viele Werke, die neu zu entdecken sind. Die Publikationsdatenbank ist daher auch ein virtuelles Museum der architekturgebundenen Malerei auf dem Gebiet der Bundesrepublik, das zum Forschen, zum Entdecken und zum Besuchen dieses herausragenden Kulturerbes einlädt. Dieser reiche, mit hochauflösenden Fotografien bebilderte, von Tag zu Tag wachsende Schatz steht allen Interessierten offen.

Publikationsdatenbank: www.deckenmalerei.eu

Vielfältiges Bildmedium mit Innovationskraft: Barocke Deckenmalerei
Farbenprächtig und mit komplexen ikonographischen Programmen bestimmt die barocke Decken- und Wandmalerei die frühneuzeitliche Architektur sozusagen von oben her, sowohl im kirchlichen wie im profanen Bereich: in Schlössern und Festsälen, in Kirchen und Klöstern, in Treppenhäusern oder Bibliotheken. Dabei entfaltete dieses weit verbreitete, architekturgebundene Bildmedium von der Mitte des 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts eine erstaunliche Vielfalt und Innovationskraft. Die Deckenmalerei ist so ein entscheidendes, sinnstiftendes Element in der Gestaltung barocker Innenräume.

 Zum Projekt: Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland (CbDD)
Das Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland (CbDD) setzt sich zum Ziel, den Bestand von über 4.000 Denkmälern mit Decken- und Wandmalereien aus der Zeit von ca. 1550 bis 1800 auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu erforschen, zu dokumentieren und im historischen sowie kunsthistorischen Kontext zu interpretieren. Dabei werden sowohl erhaltene als auch zerstörte, durch historisches Bild- und Quellenmaterial belegte oder rekonstruierte Werke der architekturgebundenen Malerei berücksichtigt. Das Projekt folgt dabei einer Philosophie des Open Data, des Open Access und des Open Science. Es möchte einen neuartigen, digitalen Zugang zum Kulturerbe der Bundesrepublik Deutschland ermöglichen. Auch die Dokumentation setzt auf innovative Technologien in der 3D-Visualisierung und Rekonstruktion. Auf diese Weise soll die kunsthistorische Barockforschung mit den aktuellen Potentialen der Digitalen Geisteswissenschaften verknüpft werden.

Das Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland, ein Projekt der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, wird im Rahmen des Akademienprogramms der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften vom Bund sowie den Ländern Bayern und Hessen finanziert. Zwei Arbeitsstellen, eine am Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität in München und eine am Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg führen das Projekt gemeinsam durch.

Zum Projekt: https://deckenmalerei.badw.de/das-projekt.html
Kontakt: PD Dr. Matteo Burioni, Leiter der Münchner Arbeitsstelle, matteo.burioni@lrz.uni-muenchen.de

Die Bayerische Akademie der Wissenschaften, gegründet 1759, ist die größte und eine der ältesten Landes-Akademien in Deutschland. Ihren Aufgaben als Gelehrtengesellschaft, außeruniversitäre Forschungseinrichtung und Ort des lebendigen wissenschaftlichen Dialogs mit Gesellschaft und Politik ist sie seit mehr als 250 Jahren verpflichtet. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf langfristigen Vorhaben, die die Basis für weiterführende Forschungen liefern und das kulturelle Erbe sichern. Die Akademie ist ferner Trägerin des Leibniz-Rechenzentrums, eines der größten Supercomputing-Zentren Europas, des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation und des Walther-Meißner-Instituts für Tieftemperaturforschung. Den exzellenten wissenschaftlichen Nachwuchs in Bayern fördert sie in ihrem Jungen Kolleg. Die Akademie ist Mitglied in der Akademienunion.