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06/01

Neue Mitglieder

Die Bayerische Akademie der Wissenschaften hat gewählt.

 

 

06/01
22. März 2001

Die Bayerische Akademie der Wissenschaften hat gewählt.

Das Plenum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften hat insgesamt sieben ordentliche und fünf korrespondierende Mitglieder neu gewählt. Damit gehören der bereits 1759 gegründeten Gelehrtengesellschaft und außeruniversitären Forschungseinrichtung derzeit 146 ordentliche und 154 korrespondierende Wissenschaftler an. Gemäß ihrer Satzung darf bei der einmal im Jahr erfolgenden Zuwahl neuer Mitglieder nur auf Wissenschaftler zurückgegriffen werden, "deren Leistung sich nicht in der Übermittlung oder Anwendung bereits vorhandener Erkenntnisse erschöpft, sondern eine wesentliche Erweiterung des Wissensbestandes darstellt". Dieser Verpflichtung, möglichst die jeweils Besten ihres Faches zuzuwählen, kam die Bayerische Akademie im Jahr 2001 mit der Wahl folgender Professoren nach:

Hendrik Birus (Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft), Friedrich Wilhelm Graf (Systematische Theologie und Ethik), Jens-Uwe Hartmann (Indologie) und Martin Hose (Klassische Philologie) sind neue ordentliche Mitglieder der Philosophisch-historischen Klasse; Waldemar Adam (Organische Chemie), Axel Haase (Experimentelle Physik) und Franz Hofmann (Pharmakologie und Toxikologie) sind neue ordentliche Mitglieder der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse.

Pierre Hadot (Griechische und römische Philologie), Helmut Keipert (Slavische Philologie/Sprachwissenschaft) und Alan Rodger, Lord Rodger of Earlsferry (Romanistik, Lord President, d.h. höchster schottischer Richter) sind neue korrespondierende Mitglieder der Philosophisch-historischen Klasse; Walter Gautschi (Mathematik) und Frederick C. Neidhardt (Mikrobiologie) sind neue korrespondierende Mitglieder der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse.

Während die ordentlichen Mitglieder in Bayern ansässig sein müssen (- ansonsten könnten sie nur schwer ihrer Präsenzpflicht bei den regelmäßig stattfindenden Sitzungen nachkommen -), setzen sich die korrespondierenden Mitglieder aus Forschern aus aller Welt zusammen. Die wissenschaftliche Exzellenz der Bayerischen Akademie der Wissenschaften hängt maßgeblich von der Zusammensetzung ihrer Mitglieder, deren Zahl streng limitiert ist, ab. Diese Mitglieder pflegen nicht nur einen fächerübergreifenden wissenschaftlichen Gedankenaustausch, sondern sie leiten auch die aktuell 38 an und bei der Akademie angesiedelten Kommissionen, in denen derzeit 83 Forschungsprojekte bearbeitet werden. Zusätzlich betreiben zwei dieser Kommissionen Institute: das in der Münchner Innenstadt gelegene Leibniz-Rechenzentrum und das in Garching angesiedelte Walther-Meißner-Institut für Tieftemperaturforschung.

Zu den ordentlichen Mitgliedern:

Prof. Dr. Hendrik Birus, geboren 1943, ist ordentlicher Professor der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Mit ihm ist erstmals ein Vertreter des inzwischen weltweit anerkannten Faches der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft in der Philosophisch-historischen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften vertreten. Birus hat mehrere Editionen vorgelegt, u.a. ergänzte er die "Faust"-Edition Albrecht Schönes durch die des "West-östlichen Divan" Goethes, die als die bisher vollständigste gilt. Er arbeitete zwar vorzugsweise über Schriftsteller und Philosophen von der Aufklärung bis zur Romantik, veröffentlichte jedoch auch zahlreiche Aufsätze über Raabe im 19. und über Karl Kraus, Walter Benjamin und Paul Celan im 20. Jahrhundert. An der theoretischen Fundierung der Komparatistik ist Hendrik Birus maßgeblich beteiligt. Innerhalb der germanistischen Forschung gilt er als der für Schleiermachers Werke kompetente Rezensent.

Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Graf, geboren 1948, ist ordentlicher Professor der Systematischen Theologie und Ethik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Als erster Theologe erhielt Graf 1999 den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Im Zentrum seiner Arbeiten steht die Fundierung einer historischen Kulturwissenschaft, die aus der Erforschung religiöser Diskurse und der Analyse der Bedeutung von Religion in den krisenhaften Modernisierungsprozessen komplexer Gesellschaften Einsichten und Orientierungen in gegenwärtigen gesellschaftlichen Selbstverständigungsdebatten gewinnen will. Einer seiner konkreten Arbeitsschwerpunkte ist die Ethik, und zwar neben der politischen auch die Bio- und Wirtschaftsethik. So untersucht Graf beispielsweise, wie religiöse Prägungen ökonomischen Erfolg fördern oder behindern. Auch widmet er sich der differenzierten Wahrnehmung der von den Biowissenschaften eröffneten Chancen und Grenzen.

Prof. Dr. Jens-Uwe Hartmann, geboren 1953, ist ordentlicher Professor der Indologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Mit seiner Zuwahl konnte erstmals wieder seit 1969 die Lücke der Indologie in der Philosophisch-historischen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften geschlossen werden. Das wissenschaftliche Werk Hartmanns ist dadurch gekennzeichnet, dass er bisher unbekannte Sanskrittexte des Mahayana erstmals erschlossen hat. Zwar sind die in Indien entstandenen ursprünglichen Sanskritfassungen des buddhistischen Kanons großenteils verloren und inhaltlich nur durch frühe Übersetzungen in das Chinesische und Tibetische überliefert; doch wurden im 20. Jahrhundert in Zentralasien Handschriften unbekannter Sanskritversionen entdeckt. Deren Entzifferung, Übersetzung und Kommentierung bildet den Schwerpunkt der Arbeiten Hartmanns.

Prof. Dr. Martin Hose, geboren 1961, ist ordentlicher Professor der Klassischen Philologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Martin Hose gilt als einer der produktivsten und anregendsten Vertreter der Klassischen Philologie in der Generation der heute Vierzigjährigen. In zahlreichen Veröffentlichungen zu Problemen der griechischen und lateinischen Literatur betrat er Neuland – würdigte beispielsweise Cicero als hellenistischen Epiker, stellte griechische und römische Literaturkritik einander gegenüber und analysierte den Bedeutungsverlust der institutionellen Rhetorik im 4. Jahrhundert. Seit Anfang 2000 ist er Hauptherausgeber und verantwortlicher Schriftleiter des Gnomon, der international bedeutendsten kritischen Zeitschrift für die klassische Altertumswissenschaft.

Prof. Dr. Waldemar Adam, geboren 1937, ist ordentlicher Professor der Organischen Chemie an der Universität Würzburg. Er hat sich in Würzburg genauso wie in Puerto Rico, wo er zuvor tätig war, einen großen internationalen Arbeitskreis aufgebaut und seine organisch-chemischen Arbeitsgebiete durch aktive Zusammenarbeit mit Biochemikern, Biophysikern, Toxikologen, Medizinern, Pharmazeuten und anderen interdisziplinär erweitert. So wurde beispielsweise die Verwendung des Dimethyldioxirans als hochpotentes Oxidationsmittel erst erforscht, als Adam einen höchst einfachen Weg beschrieb, um Acetonlösungen dieses Dioxirans herzustellen. Damit erschloss er eine "Photochemie ohne Licht", arbeitete über Enzyme als Katalysatoren und in der Radikalchemie, wo er beispielsweise von Naturstoffen abgeleitete Hydroperoxide fand, die beim Belichten OH-Radikale frei setzen – eine Erkenntnis, die Ansätze für eine neue Krebstherapie bietet.

Prof. Dr. Axel Haase, geboren 1952, ist ordentlicher Professor der Experimentellen Physik an der Universität Würzburg. Schwerpunkt seiner Arbeiten bildet die Biomedizinische Kernspintomographie (NMR-Tomographie). Er und seine Mitarbeiter entwickelten eine schnelle Bildgebung, die erst eine umfassende medizinische Nutzung der Kernspinresonanztomographie ermöglichte. Herausragend sind die Arbeiten von Haase über ultraschnelle Bildgebung, die sofort neue Anwendungsbereiche fand: Sind doch nach ihrer Publikation mit der von Haase aufgezeigten Methode erstmals funktionelle NMR-Untersuchungen an Herz und Gehirn sowie die Darstellung der Koronargefäße des Herzens gelungen.

Prof. Dr. Franz Hofmann, geboren 1942, ist ordentlicher Professor der Pharmakologie und Toxikologie an der Technischen Universität München. Er hat mit seiner Arbeitsgruppe eine Reihe wichtiger Entdeckungen zur Funktionsweise intrazellulärer Botenstoffe gemacht, die zelluläre und Organ-Leistungen kontrollieren. Mit biochemischen, molekularbiologischen und physiologischen Methoden klärte Hofmann somit wichtige Steuerungsfunktionen der Zellen auf, analysierte das Funktionsgeflecht der Botenstoffe in den Zellen, ihr Entstehen und ihre Wirkungen. So erklärte er z.B. als erster die Struktur einiger Ca++-Kanalproteine der Muskeln und des Herzens. International gilt er als einer der führenden Forscher auf diesem Gebiet.

Zu den korrespondierenden Mitgliedern:

Prof. em. Dr. Pierre Hadot, geboren 1922, ist emeritierter Professor der Geschichte der griechischen und römischen Philosophie am Collège de France in Paris. Er ist einer der prominentesten Kenner und produktivsten Erforscher der hellenistischen Philosophie, der Philosophie der griechischen Spätantike – des Neuplatonismus – und dessen nachhaltiger Wirkung auf die philosophische Struktur christlicher Theologie im 4. und 5. Jahrhundert.

Prof. Dr. Helmut Keipert, geboren 1941, ist ordentlicher Professor der Slavischen Philologie/Sprachwissenschaft an der Universität Bonn. Er gehört aufgrund seines wissenschaftlichen Werkes zu den national wie international angesehensten deutschen Slavisten und schließt die durch den Tod von Rudolf Aitzetmüller entstandene Lücke der Slavischen Sprachwissenschaft in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Keipert hat u.a. zeigen können, dass das mittelalterliche Quellencorpus der Ostslavia zwar in Sprache und Inhalt dominant vom griechischen Kulturkreis, daneben aber vielfach von einem "heimlichen Latein" geprägt worden ist.

Dr. Alan Rodger, Lord Rodger of Earlsferry, geboren 1944, ist Honorary Professor an der Universität Edinburgh und Lord Justice General sowie Lord President von Schottland, d.h. höchster schottischer Richter. Obwohl er Großbritannien in internationalen Prozessen und Verhandlungen vertritt und den Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf die Praxis gelegt hat, gilt er als einer der führenden Romanisten Großbritanniens und Rechtshistoriker Schottlands. In seiner Person und in seinem Werk zeigt sich, dass die immer wieder geforderte Verbindung von Akademie und Rechtspraxis auf höchstem Niveau verwirklicht werden kann.

Prof. em. Dr. Walter Gautschi, geboren 1927, ist emeritierter Professor der Mathematik an der Purdue University in West Lafayette/USA. Gautschi, der in Basel geboren wurde, ist ein international hoch angesehener Mathematiker der angewandten Richtung. Seine Arbeitsgebiete sind die Numerische Mathematik, die konstruktive Approximationstheorie und die Theorie der speziellen Funktionen, für deren Berechnung er als der weltweit herausragendste Experte gilt.

Prof. em. Dr. Frederick C. Neidhardt, geboren 1931, ist emeritierter Professor der Mikrobiologie an der University of Michigan Medical School in Ann Arbor/USA. Neidhardts Forschungsgebiete liegen im Bereich der Regulation der Genexpression und der molekularen Physiologie des Wachstums von Bakterien. Er hat u.a. mehrere Lehrbücher zu dieser Thematik verfasst. Ein von ihm stammendes Konzept, mittels dessen Gene identifiziert und in ihrer Funktion studiert werden können, hat die Bakteriengenetik revolutioniert. Neidhardt hat insgesamt mit seinen Arbeiten das Gebiet der mikrobiellen Physiologie und der Molekularbiologie der vergangenen 30 Jahre mit geprägt.