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Kulturerbe als kulturelle Praxis – Kulturerbe in der Beratungspraxis

  • 30. January 2019  –  01. February 2019  |  13:30 o'clock
  • Bayerische Akademie der Wissenschaften
    Alfons-Goppel-Straße 11
    80539 München
    Sitzungssaal 1, 1. Stock
  • Kulturerbe hat nicht nur als Thema wissenschaftlicher Diskurse Konjunktur, ebenso in Form verschiedener kulturpolitischer Programme und Konzepte. Die Konventionen der UNESCO, die Programme zum Europäischen Kulturerbe oder die Strukturen des Denkmalschutzes markieren das große politische und zivilgesellschaftliche Interesse an der zeitgenössischen Aneignung von „Kulturerbe“. Mit dem Beitritt Luxemburgs (2006), der Schweiz (2008), Österreichs (2009) und Deutschlands (2013) zum 2003 von der UNESCO verabschiedeten „Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes“ verstärkte sich diese Entwicklung in den deutschsprachigen Ländern und rückt seitdem performative kulturelle Ausdrucksformen stärker in den Fokus. Seit den Vorbereitungen für das UNESCO-Übereinkommen sowie den ersten Beitritten gibt es eine intensive und kritische Auseinandersetzung in den volkskundlich-kulturwissenschaftlichen Fächern über die Konzepte, Strukturen und Paradoxien des „Kulturerbes“. Das betrifft u.a. den Einfluss des Bewerbungs- und Auszeichnungsverfahrens auf die als immaterielles Kulturerbe markierten Praktiken, die politischen Instrumentalisierungen und Kommodifizierungen bis hin zu den Ambivalenzen des Identitätsbegriffs, einschließlich der zu beobachtenden Rückkehr wissenschaftlich überholter Konzepte von „Volkskultur“ und mythologisch unterlegten Kontinuitätsvorstellungen. Diskutiert werden auch komplexe Aushandlungsprozesse in Bezug auf Contested Heritage u.a. mit tierethischen, postkolonialen und migrations- bzw. genderpolitischen Ausrichtungen. Diese kritischen Reflexionen stehen dabei partiell im Kontrast zu Interpretationen und Selbstverständnissen über ihre Praktiken bei denjenigen, die die kulturellen Ausdrucksformen ausüben. Der Weg zum begehrten Titel „Immaterielles Kulturerbe“ im Rahmen des Umsetzungsverfahrens des UNESCO-Übereinkommens führt zudem über ein Bewerbungsverfahren, das den Antragstellenden eine intensive Selbstreflexion abverlangt. Die Bewerbung stellt eine deutliche Hürde dar, weswegen, in Erweiterung zu dem in Deutschland angestrebten „Bottom-up“-Verfahren, zahlreiche Mittelspersonen und Institutionen in den Prozess involviert sind: Verbände und Vereine, Museen und Landesstellen, Beratungsstellen und Agenturen. Das Feld des Immateriellen Kulturerbes erlaubt jenseits aller Kritik für die kulturwissenschaftlichen Disziplinen auch einen neuen vermittelnden Zugang im Diskursfeld „Kulturerbe“, es erfordert und bietet die Möglichkeit für Übersetzungsleistungen, Wissensvermittlungen und Bewusstseinsbildungen sowie Vernetzungen zwischen den verschiedenen Akteuren. Insbesondere für die Schnittstellen von Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft eröffnen sich für alle Seiten gewinnbringende Kooperationen. Die Tagung richtet sich an alle, die mit Fragen der Umsetzung des Übereinkommens zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes sowie mit Kulturerbe-Beratung allgemein betraut sind bzw. sich kulturpolitisch oder akademisch damit auseinandersetzen. Im Vorfeld der vierten Bewerbungsrunde in Deutschland im Jahr 2019 bietet sich hier die Möglichkeit, Erfahrungen und Erkenntnisse zu reflektieren und gemeinsam Konzepte für die Beratungspraxis mit ihren Ambivalenzen und Potentialen zu diskutieren.
  • Wissenschaftliche Veranstaltung
  • Um Anmeldung wird gebeten
  • ike@volkskunde.badw.de
  • Freistaat Bayern (Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat), Institut für Volkskunde der Kommission für Bayerische Landesgeschichte bei der BAdW, Beratungsstelle Immaterielles Kulturerbe Bayern
  • Inhaltliche Kooperation: Gruppe der volkskundlichen Landesstellen und außeruniversitären Institute in der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde, Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (ISGV) Dresden