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Rektoratsreden Deutschlands und der Schweiz aus dem 19. und 20. Jahrhundert – Online-Bibliographie soeben freigeschaltet

Rektoratsreden sind eine Schlüsselquelle für die Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Bislang war der Bestand nur mit großem Aufwand benutzbar. Eine neue Online-Datenbank der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften erschließt nun die 2.942 Reden an Universitäten und Technischen Hochschulen in Deutschland. Eine Suchmaske ermöglicht kombinierte Abfragen (z.B. nach Themen, Personen oder Universitäten). Damit verknüpft ist die Recherche von 782 Schweizer Reden, die bereits als Volltexte (16.574 Seiten) vorliegen.

 

 

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11. Dezember 2007

Rektoratsreden sind eine Schlüsselquelle für die Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Bislang war der Bestand nur mit großem Aufwand benutzbar. Eine neue Online-Datenbank der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften erschließt nun die 2.942 Reden an Universitäten und Technischen Hochschulen in Deutschland. Eine Suchmaske ermöglicht kombinierte Abfragen (z.B. nach Themen, Personen oder Universitäten). Damit verknüpft ist die Recherche von 782 Schweizer Reden, die bereits als Volltexte (16.574 Seiten) vorliegen.

In der Rektoratsrede suchte die Universität den eigenen Standort in Wissenschaft und Gesellschaft zu bestimmen und dieses Selbstbild einer größeren Öffentlichkeit zu vermitteln. Ihre große Zeit begann, als im 19. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum die moderne Universität entstand, die Forschung und Lehre zusammenführte. Aus dieser Doppelaufgabe erwuchsen Spannungen, welche die Geschichte der Universität bis heute begleiten und sich auch in den Rektoratsreden niederschlugen. Das Auslaufen dieser Redetradition in Deutschland Ende der 1960er Jahre lässt einen tief greifenden Wandel in der Kommunikation zwischen Hochschule und Gesellschaft erkennen. In der Schweiz hingegen lebt die Redetradition als ein fester Teil des Dies Academicus fort.

Die Rektoratsreden sind Fachvorträge, aber keine Reden im Elfenbeinturm. Sie schauen auf die Entwicklungen in Staat und Gesellschaft, betrachten die Universität als Institution oder stellen einem fachfremden Publikum spezifische Forschungen vor. Sie sind auch politische Seismographen. Das zeigte sich bei der Gründung des ersten deutschen Nationalstaates 1871 ebenso wie in den Reaktionen auf die Weimarer Republik und die nationalsozialistische Herrschaft. 1945 nahmen die meisten Hochschulen die Tradition wieder auf, geteilt in eine redenreiche westliche Linie und eine östliche, die eine geringere Zahl an Reden aufweist. Ende der sechziger Jahre lief die Tradition der deutschen Rektoratsrede gleichermaßen in Ost und West aus, anders als in der Schweiz.

Die Datenbank entsteht seit 2001 in der Abteilung "Forschungen zur deutschen Sozialgeschichte" der Historischen Kommission unter Leitung von Dieter Langewiesche. Schweizer Kooperationspartner war Rainer C. Schwinges (Universität Bern). Finanziert haben die Bibliographie der Rektoratsreden an deutschen Hochschulen und begleitende Forschungen die DFG und die Fritz Thyssen-Stiftung, die Erfassung und Digitalisierung der Schweizer Reden die Universität Bern. Ob neben den Schweizer Reden auch die deutschen Rektoratsreden zukünftig im Volltext online präsentiert werden können, wird zur Zeit geprüft, ebenso die Erweiterung des Projektes um die Hochschulen Österreichs.